Monat: Dezember 2024
Eine Geschichte, entstanden zum Jahreskreisfest „Samhain“ am 30.11.2024, dem Fest zu Ehren der Ahnen
Mit schnellen Schritten ging sie wie jede Woche den schmalen, steinigen Weg entlang. Es war Ende Oktober und die bunten, herunter gefallenen Blätter der Bäume zierten den Weg. Die Natur hatte sich schon angefangen zurückzuziehen und fing an, in sich selbst zu ruhen. Nebelschwaden kamen bereits vom nahegelegenen Fluss herauf und tauchten den Friedhof in eine magische Kulisse.
Sie war heute etwas später dran als sonst, denn sie wurde noch in der Arbeit aufgehalten. Schnell schob sie den Gedanken zur Seite. Sie erreichte den Baum, unter dem die Urne begraben war. Sie wusste, dass der Platz und die Aussicht unter dem Kastanienbaum Oma gefallen hätte. Sie vermisste die gemeinsamen Treffen und Omas lustiges Lachen. Überhaupt war Oma immer so fröhlich, wenn sie sie besuchte. Und mit jedem Lachen tanzten die tiefen Falten in ihrem Gesicht. Oma hatte es nicht immer leicht gehabt, aber das hat ihr nicht die Lebenslust genommen. Noch im hohen Alter hatte sie allein ihren Haushalt gemacht. Sie konnte so gut zuhören und hatte immer sehr gute Ratschläge für sie. Ja, sie vermisste sie wirklich sehr. Traurigkeit machte sich breit und legte einen schweren Schatten auf ihr Gemüt.
Und so, wie es nun schon viele Male in der Zeit war, als sie das Baumgrab besuchte, stand sie unter dem Kastanienbaum und zündete ein kleines Teelicht an. Irgendwie war Oma ihr heute besonders nahe und ein warmes Gefühl durchströmte sie. In Gedanken schweifte sie wieder ab zur Arbeit und zu den Kollegen.
Und wie so oft stand sie da und hielt Zwiesprache mit dem Menschen, der sie so gut verstanden hatte, der ihr so viel bedeutet hatte und immer noch tat. Sie spürte die Verbindung und sie fragte sich, wie hätte Oma reagiert. Was wären ihre Ratschläge gewesen? Das waren schon öfter in den vergangenen zwei Jahren ihre Fragen gewesen, wenn sie mit Problemen dort unter dem Kastanienbaum stand, der so wunderschön die Sonnenstrahlen durchscheinen ließ.
Und immer bekam sie dort an diesem Ort ihre Antworten. Immer. So auch heute. Und mit einmal wurde ihr klar, was zu tun ist. Mittlerweile war es bereits dunkel und kalt geworden. Mit frohem Mut und nicht ohne sich zu verabschieden, ging sie wieder den schmalen, steinigen Weg, der von den herunter gefallenen Blättern der Bäume geziert wurde, zurück. Mit Hoffnung und Zuversicht. Und auch wenn Oma nicht mehr greifbar nahe war, so war sie doch immer in ihrem Herzen und in ihren Gedanken. Sie war dankbar für die fortführende Verbindung und dankbar für das Gefühl nicht allein zu sein.
November 2023
Winterzeit, stille Zeit.
Das Jahr geht zu Ende und
früh neigt die Dunkelheit
ihre Schatten über die Felder.
Leise, ganz leise verschwindet
die Sonne am Horizont und
in den Häusern gehen die Lichter an.
Die Kälte legt einen weißen Schleier
über die Wiesen und lässt ihn
im Funkeln der Sterne glitzern.
Die Natur zieht sich zurück und
ruht in sich selbst.
Winterzeit, stille Zeit.
Das Jahr geht zu Ende und
unsere Gedanken gehen zurück.
Zurück zu den ersten Sonnenstrahlen,
die unsere Haut wärmten.
Zurück zu den Klängen der Amsel,
die uns mit ihrem Morgenlied willkommen
und mit ihrem Abendlied verabschiedet hat.
Winterzeit, stille Zeit.
Das Jahr geht zu Ende und
wir ziehen uns ebenfalls zurück.
Zurück ZU uns selbst.
Zurück IN uns selbst.
Kommen zur Ruhe und tanken Kraft
für das, was kommt.
Damit wir bereit sind uns
Neuem und Ungewissen
gegenüberzustellen.
Winterzeit, stille Zeit.